Visuelle Kommunikation: wenn Kundenwünsche unklar sind
Eine klare Zielsetzung für ein Fotoshoot ist eine Herausforderung
Es klingelt - hallo Herr Frank, wir wollen Sie für ein Fotoshooting buchen. Das ist erst mal toll.
Auf die Frage hin, um welche Fotos es geht, wie und wo diese eingesetzt werden sollen, entsteht eine Pause. Auftraggeber sind immer wieder nicht in der Lage, die eigentlich Intention zu erklären, Ziele sind unklar. Das führt zu Verwirrung. Dabei ist es ganz egal, ob es um Industrie, Corporate oder Architektur geht.
Wir verlassen uns da auf ihre Expertise!
Das ist ehrenwert und kann klappen, ist aber oft eine schlechte Idee. Ab dem Moment, ab dem der Kunde am Set steht, driften unsere Vorstellungen auseinander. Die Bilder in unseren Köpfen sind anders. Es wird hektisch.
Am Ende sind weder Kunde noch Fotograf zufrieden. Wochen später blickt der Kunde zurück - unser Fotograf war schlecht - die schwierigen Rahmenbedingungen werden vergessen. So baut man keine Kundenbeziehungen auf.
Im Gegensatz zum oben beschrieben Beispiel ist manchmal auch das Gegenteil der Fall. Ein Kunde meldet sich mit einer konkreten Shotlist bei mir. Sehr gut! Es wurde viel Zeit in Briefing und Bildübersicht investiert - mit dem Ergebnis, dass alle Motive irgendwie gleich aussehen und sich lediglich die Perspektive ändert. Nach genauer Rückfrage geht es dem Kunden tatsächlich aber eigentlich um Inhalte, die er vermitteln möchte. Diese aber schlichtweg nicht beschreibe konnte.
Würde ich blind drauf los fotografieren, dann hätte wir den selben Effekt, wie oben bereits beschrieben. Wir sind beide nicht happy. Vielleicht kommen wir zu einem visuell ansprechenden Ergebnis, ob mein Auftraggeber die Bilder aber jemals richtig einsetzen kann, steht in den Sternen.
Klar, Kunden leiden unter Zeitmangel, der Alltag ist hektisch. Auftraggeber sind sich teils auch unsicher über den kreativen Prozess und wissen nicht, welche Art von Bildern am wirkungsvollsten sind. So mancher Klient benötigt Motive für eine Vielzahl von Anwendungen (z.B. Marketingmaterialien, Webseiten, Social Media, Printmedien), weiß aber nicht, wie sich diese Anforderungen am besten kombinieren lassen.
Fotografie auch als Chance verstehen
Es ist wichtig, Kunden eine Plattform zu bieten, die hilft, genau die Bilder zu entwickeln, die sie benötigen.
Manchmal reicht es schon, Auftraggebern aufzuzeigen, dass sich die visuelle Sprache eines Unternehmens in Form von Fotografie, emotional oder funktional auseinander dividieren lässt.
Beispielsweise lässt sich auch über einen vermeintlich langweiligen Bodensensor, der eine spezifische Funktion hat, eine aufregende Geschichte erzählen. Es braucht Kontext, mit dem emotionale Beziehungen hergestellt werden. Nahezu jedes Produkt liefert Mehrwerte, die wir inszenieren können - wir müssen nur danach suchen.
So ist es beispielsweise bei meinem Projekt “Made in Fukushima” passiert, das ich für METER Group realisiert habe. Der oben erwähnte Bodensensor ist Ausgangspunkt, um eine Geschichte über die schwierige Situation der Reisbauern in Fukushima zu erzählen. Mit dem Effekt, dass ein sehr technisches Produkt plötzlich zusätzlich emotional verknüpft wird.
Es ist wichtig, sich zu überlegen, wie die visuelle Sprache der Marke ist und wie Fotografie eingesetzt wird. Vor allem aber sollte diese Sprache eines sein - konsistent. Das macht die Marke erkennbar, transportiert immer wieder dieselbe Message und schafft Vertrauen, was längerfristig zu Kundenbindung führt.
Wenn beispielsweise Technologie in deiner Kommunikation dein einziges Asset ist, dann werden Mitbewerber irgendwann zumindest zu dir aufschließen und dich manchmal auch überholen. Es ist wichtig, Mehrwerte zu schaffen.
Was gehört zur visuellen Sprache einer Marke und wie schärfen wir die Vorstellungskraft unseres Auftraggebers?
Die naheliegendsten Parameter zur Schärfung und um konsistentes Bildmaterial zu erzeugen sind:
Farbpaletten (Primär- und Sekundärfarben)
Komposition (Formate, Ausrichtungen)
wiederkehrenden Elementen, die evtl. in Bilder auftauchen sollen
Wichtiger ist es aber, die visuelle Sprache des Unternehmens kommunikativ in verschiedene Kategorien/Container aufzuteilen, dies ist ein bedeutender Schritt in die richtige Richtung. Es ergibt sich eine emotionale und funktionale Gliederung. Genau hier entsteht die Chance, von der ich oben gesprochen hatte.
Daraus lässt sich auch direkt erarbeiten, was die Erwartungshaltung an das Fotoshooting ist und wie unser Kunde die Bilder einsetzen kann. Fotografie lässt sich in zielgerichtete Kommunikation verwandeln.
Emotionales Bildmaterial spricht die Gefühle der Zielgruppe an, schafft eine persönliche Verbindung zur Marke und kann die Botschaft auf einer tieferen, menschlichen Ebene vermitteln. Funktionelles Bildmaterial liefert präzise, faktische Informationen, die besonders bei erklärungsbedürftigen Produkten oder Dienstleistungen wichtig sind. Durch die Kombination von emotionalem und technischem Bildmaterial kann der Kunde seine Kommunikation an verschiedene Plattformen und Zielgruppen anpassen. Diese Vielseitigkeit ermöglicht es, auf die unterschiedlichen Bedürfnisse und Erwartungen der Zielgruppen einzugehen und in verschiedenen Kontexten relevant zu bleiben.
Um weiter ins Detail zu gehen und vielleicht sogar erste Ideen in Richtung Shotlist zu entwickeln, lässt sich jeder Container mit weiteren Unterkategorien befüllen.
Beispielsweise hat der Dialog mit dem Kunden ergeben, dass ein Segment des Shoots Storytelling sein soll. Was soll in dieser Story kommuniziert werden? Sind es HR Themen, geht es um Logistik, Menschen in der Produktion? Was soll gezeigt werden, welche Inhalte sind wichtig?
Diese Aufteilung hilft, klare Erwartungen an das Fotoshooting zu formulieren und sicherzustellen, dass die Bilder den gewünschten Anforderungen entsprechen. Es ermöglicht Fotografen, die nötigen Freiheiten für die kreative Umsetzung zu haben, während der Kunde eine Checkliste erstellt, um sicherzustellen, dass alle wichtigen Aspekte abgedeckt sind.