4 Jahre als professioneller Fotograf
Grüß Gott, ich bin Nick. Ich lebe und arbeite in München und schieße hauptberuflich Bilder, wodurch ich wohl als professioneller Fotograf gelte.
Der nachfolgende Bericht bezieht sich auf meine ersten vier Jahre als Fotograf.
Zuvor ein paar Worte über mich
Nach einer Ausbildung zum Kaufmann entschied ich mich, 1997 in die Werbung zu wechseln. Meine Karriere habe ich nach fast 16 Jahren Anfang 2014 an den Nagel gehängt (zuletzt als Creative Director). Microsoft, BMW, Adobe, Lufthansa, Fujitsu und Mammut, es waren viele große aber auch kleine Marken dabei, für die ich gearbeitet habe. Schokoriegel, Kaffeepads und Sportartikel - ich hatte sie alle.
Am Ende wurde ich älter, die Kollegen dafür aber immer jünger. Unter anderem ein Grund für mich, den Job zu wechseln.
Zudem habe ich den Großteil meiner Freizeit in virtuellen Welten mit dem Verprügeln von Orks und Trollen verbracht - ein Umstand, den ich gerne in etwas Sinnvolles kanalisieren wollte.
World of Warcraft - eine lange Geschichte der Sucht. :-) 2004 -2010
Vor drei Jahren habe ich schon einmal einen solchen Artikel verfasst und ein Fazit nach dem ersten Jahr gezogen.
Den Artikel könnt ihr hier finden.
Was hat sich also verändert in den letzten drei Jahren?
FineArt - also künstlerische Aufnahmen - haben für mich den Weg in die Fotografie geebnet und waren lange Zeit Zentrum meines Schaffens. Angefangen hat das alles mit Bildern der Münchner U-Bahn-Stationen.
Lane abe ih mich ausschließlich mit dem Verkauf von Prints an Sammler und Unternehmen finanziert. Das hat funktioniert. Mit Abstrichen tut es das heute immer noch und würde vielleicht sogar noch besser klappen, wenn ich mich ausschließlich diesem Thema widmen würde. Mir macht es aber auch wahnsinnig Spaß, kommerziell zu arbeiten. Zu sehen, wie die eigenen Bilder bei Unternehmen Verwendung finden, ist super. Also habe ich meine Karriere als Foto-Künstler eher an den Nagel gehängt. Trotzdem ist der Verkauf von Nutzungsrechten für mich immer noch ein sehr lukratives Geschäftsmodell. Anfragen von Galerien, primär aus dem Online-Bereich, ignoriere ich. Zum einen weil ich kaum Modelle gesehen habe, mit vorhandenem Marketing-Konzept, zum anderen, weil hier in der Regel nicht mehr als ein Taschengeld zu holen ist. Wichtiger aber, weil man sich selbst kannibalisiert, wenn es um die wirklich wichtigen Verkäufe geht. Die finden nicht in einer (Online-) Galerie statt. Außer man heißt Gursky oder McCurry, dann braucht man dafür aber auch die Vita oder den finanziellen Background.
Unabhängig davon ist es so, dass Social Media den Markt für Fotografie in den letzten drei Jahren stark verändert hat, im besonderen Instagram. Unfassbare Mengen an Content sind verfügbar geworden. Hobbyisten kannibalisieren sich mit Profis, beide stehen im selben Ring. Dies ist für mich zunehmend zu einem Problem geworden. Man kopiert sich bedingungslos.
In vielen Bereichen ist der Markt so übersättigt, dass hier noch nicht einmal die obligatorische goldene Ananas zu gewinnen ist. Es geht primär nur noch darum, so viele Follower und Likes wie möglich zu generieren - egal wie. Das erfordert ständigen Wandel. Mutation. Möchte ich dieses Spiel mitspielen? Will ich wirklich pausenlos neuen Content liefern und dabei Gefahr laufen, mein eigenes Qualitätsniveau zu unterschreiten?
Zeitweise ja, dann reite ich zwei Wochen lang auf einer Welle der Euphorie, poste Bilder und Stories, kommentiere, like wie verrückt, um dann irgendwann frustriert festzustellen, dass meine organische Reichweite mal wieder drastisch abgenommen hat, weil ich zuvor ein paar Wochen lang kein einziges Bild oder eine Story gepostet habe. Trotzdem ist da irgendwie immer dieses Gefühl, etwas verpasst zu haben und auch ein innerer Drang aktiver zu sein.
Seit Februar 2017 vertritt mich Bransch international, was ich als super Ergänzung zu meinen Online-Aktivitäten empfinde. Die Agentur kenne ich schon aus meinen Tagen als Art Director. Hier habe ich exzellentes Bildmaterial für Moods und Mockups gesucht und gefunden. Es ist großartig, Teil dieser Familie zu sein und ich freue mich auf die Zusammenarbeit.
Highlights
Der vielleicht beste Moment der letzten Jahre war die Veröffentlichung meines Buchs “Habitat Olympia” über das Olympische Dorf hier in München, zusammen mit meinen Kollegen Anne Berwanger und Christian Vogel.
Das Ergebnis mehrerer Monate Arbeit in der eigenen Hand zu halten, ist die schönste Belohnung - speziell, da auch das Layout von mir ist. Mit so einem Buch wird man nicht reich oder bekommt die investierte Zeit überhaupt irgendwie refinanziert, darum geht es auch gar nicht. Es ist immer auch eine Anreicherung des eigenen Portfolios und in gewisser Weise ja Mittel zur Akquisition. Ab und an sprechen mich Leute an, die mein Buch gekauft haben und bedanken sich … Balsam für die Seele.
Einen Anruf von Apple zu bekommen “Hey, wir wollen deine Bilder für unser neues MacBook Pro” war ebenfalls ein genialer Moment - genau wie die 14-tägige Produktion für Camel in Spanien und Marokko mit einer 25-Mann-Crew.
Abgesehen davon ist es immer noch ein Highlight und Privileg, meine Tage weitestgehend so gestalten zu können wie ich das möchte.
Flops
Wo Licht ist, da ist auch Schatten.
Weitestgehend machtlos zu sein, wenn einmal wieder jemand die eigenen Arbeiten kopiert, ist eine Erfahrung die ich ebenfalls jedem ersparen möchte. Bei Einzeldarstellungen kann so etwas auch mal passieren. Niemand erfindet das Rad ganz neu in der Branche. Wenn so etwas aber in Serie(n) passiert, dann ist es besonders traurig und macht einen richtig wütend.
Ansonsten gibt es immer mal wieder Rückschläge, einen Pitch oder auch zwei in Folge, die ich verliere. Ein bereits versprochener Job, der abgesagt oder verschoben wird. Zusagen, Versprechungen, die nicht eingehalten werden. Ich habe gelernt, dass so etwas ist in diesem Job ganz normal ist. Die Leute erzählen einfach gerne … viel … lang. Es gilt die 20% herauszufiltern, die relevant sind.
Ein weiterer Flop war meine Gesundheit. Erst die Bandscheibe, dann der Magen. 2017 war mit unter schwierig. Jetzt greife ich aber wieder voll an.
Wie gestaltet sich mein Alltag?
Entgegen der Annahme, dass man als Fotograf jeden Tag eine Kamera in der Hand hält und dabei immer die tollsten Sachen erlebt, ist es eher so, dass man 80% seiner Zeit im Studio vor dem Rechner verbringt, selbst Emails schreibt und beantwortet, oder mit sonstigen Maßnahmen beschäftigt ist. Dazu zählen unter anderem:
Angebote zusammen mit meiner Agentur Bransch erstellen
Vorträge vor- und nachbereiten
Für freie Arbeiten planen und recherchieren
Das eigene Portfolio aufbereiten
Dokument- und Datenpflege
Zumindest ist das bei meinem Business-Modell der Fall. Ich fotografiere primär für Werbung und Architekturbüros. Mein Ansatz ist es, mit wenigen Jobs eine entsprechend hohe Gage zu erzielen. Bei Werbejobs ist das noch immer der Fall, da Tagessätze mit Nutzungsrechten fakturiert werden. Einen Ansatz dafür bietet die MFMListe. Gespräche mit BFF Kollegen zeigen mir - ich bin kein Einzelfall.
Bei Fotografen, die in anderen Bereichen tätig sind (Reportage, Sport, Hochzeit), verhält es sich bestimmt anders. Trotzdem ist es so, dass ich eher sieben Tage die Woche arbeite als fünf. Dafür nehme ich mir die Freiheit, auch einmal erst gegen Mittag aufzuschlagen oder bereits um 14 Uhr nach Hause zu gehen.
Wie komme ich an Jobs?
Ich bin niemand für klassische Akquisition, sofern es so etwas im Jahr 2018 überhaupt noch gibt. Ein Telefon in die Hand zu nehmen und einfach irgendwo anzurufen, das ist gar nicht mein Ding. Ich bin der schüchterne Typ. Mit nicht minderem Einsatz in digitalen Medien, versuche ich mich selbst zu vermarkten, was mir sehr gut gelingt.
Adobe Behance war für mich seit ich der Plattform 2012 beigetreten bin - immer die erste Wahl. Hier ist die Zielgruppe im Vergleich zu den allermeisten anderen Netzwerken von Professionals aus der Industrie geprägt. Relevant sind für mich Art/Creative Directoren, Art Buyer und Redakteure. Marketing Mitarbeiter einiger Major Brands crawlen hier mittlerweile auch fleißig. Selbst wenn mein Profil aus Behance nicht der direkte Trigger ist, so passiert es doch oft, dass Inhalte von großen Newsseiten wie Fubiz u.ä. übernommen werden. Auch wenn es nicht direkt zu einem Verkauf von Nutzungsrechten oder einer gebuchten Produktion kommt, so ergeben sich doch immer wieder Anfragen für Interviews und Portfoliopräsentationen. Das alles trägt zur Gesamtmasse des eigenen Marketings bei und ist nicht zu vernachlässigen.
Wie ich bereits oben geschrieben hatte: Bransch ist meine international Vertretung, hier ergeben sich immer wieder Anfragen.
Ich bin Mitglied im Berufsverband Freie Fotografen und Filmgestalter “BFF”. Hier partizipiere ich an Ausstellungen und Veröffentlichungen, so wie der Homepage des BFF, über die sich ab und an Anfragen ergeben.
U.a. auch im Rahmen des BFF habe ich 2017 Vorträge zu bestimmten Themen, wie Selbstvermarktung für Fotografen und dem eigenen Portfolio gehalten. Eine gute Gelegenheit, das eigene Netzwerk auszubauen und mit Kollegen in Kontakt zu kommen.
Blickfang - Deutschlands beste Fotografen ist eine Buch-Veröffentlichung mit durchgängig hohem Niveau, bei der ich mich jedes Jahr gerne involviere und über die sich immer wieder Anfragen ergeben.
Awards sind immer wieder ein Thema für mich. Ich nehme so gut wie jedes Jahr an den Sony World Photography Awards teil - dem wichtigsten Internationalen Award aus meiner Sicht. International war ich bereits auf dem 4. Platz und national sogar auf dem 2. (2017). Bei einer guten Platzierung ist mit einer Welle an Veröffentlichungen in internationalen Magazinen zu rechnen. Ob es unter dem Strich viel bringt, vermag ich nicht zu sagen. Es besteht allerdings immer diese eine Chance, dass ein Kunde dich sieht und bucht.
Für wen habe ich gearbeitet?
Obwohl ich erst relativ kurz dabei bin, hatte ich schon die Gelegenheit, mit einigen tollen Unternehmen zu arbeiten. Dazu gehören unter anderem:
Havas worldwide
J.R. Reynolds/Camel
Lufthansa
McCann
Mini
Serviceplan
Stadtwerke München
Vueling
Wired Magazine
Adobe
Apple
Bayerische Staatskanzlei
Canon
Chevrolet
Edelman
Elle
Euroboden
Fujitsu
Goldman Sachs
Welche Hardware nutze ich?
Als technikbegeisterter Mensch darf eines in meinem Bericht nicht fehlen. Hardware!
Begonnen hat alles 2010 mit dem Kauf einer Canon EOS 60D - einer APS-C Kamera mit 18 Mpx. Bis Nikon im März 2012 die D800 auf den Markt gebracht hat, bin ich der Marke treu geblieben
Auflösung war schon immer ein Thema für mich, da ich viel mit Crops arbeite und Photoshop zum Teil auch eher destruktiv einsetze … ich mache also aus viel wenig.
Das war auch der Grund, Anfang 2014 auf eine Sony A7R zu wechseln. Ich bin immer schon ein Technik-Nerd gewesen. Mir macht es einfach Spaß, Technologie auszureizen und mich mit Neuheiten zu beschäftigen. Freilich mache ich dadurch keine besseren Bilder, aber ein gutes Gefühl schwingt mit und vielleicht macht das eben manchmal die letzten 5% aus.
Mittlerweile nutze ich ein Phase One IQ3 100 Megapixel Back an einer Cambo Fachkamera und mein Hunger nach Technik fühlt sich gesättigt an.
Keine weiteren Anschaffungen sind geplant. Die Bildqualität der Kamera ist überragend und die Daten sind über alle Zweifel erhaben, auch wenn der Weg zum finalen Bild jetzt länger geworden ist (LCC-Profile/Stitching). Auch meine Kunden sehen in der Kamera einen Realwert, da aus einer Einstellung - aufgrund der hohen Auflösung - oft 1-2 weitere Bilder übernommen werden können. Sony-Kameras nutze ich für den Tele-Bereich oder wenn es sehr schnell gehen muss und der Job spezielle Anforderungen stellt. Unterwegs und privat kommt eine Leica M (und Monochrom) zum Einsatz.
Derzeit arbeite ich aus Performance-Gründen wieder an einem PC-System. Lediglich on Location nutze ich ein Mac Book Pro für meine Phase One-Kamera, die sehr wählerisch ist, was USB-Ports angeht.
Unter dem Strich
Ich habe den Wandel vollzogen, vom rein künstlerisch arbeitenden Fotografen, hin zu einer Mischkalkulation aus freien Arbeiten und kommerzieller Fotografie. Das fühlt sich gut an. Viel Druck ist weg. Ständig etwas neues und noch aufregenderes produzieren zu müssen, damit ich noch mehr Likes und Kommentare in meinen Social-Media-Profilen sammle, ist wahnsinnig anstrengend. Auch wenn es mich manchmal noch in den Fingern juckt und ich wie ein hyperaktives elektrisiertes Eichhörnchen vor dem Studiorechner sitze. Aber ganz ehrlich, welcher Kreative ist schon 100% zufrieden mit dem was er gerade so macht. Ist es nicht genau dieser Zweifel der uns antreibt und voran bringt?
Mein Job bringt die Freiheit mit, die ich schon immer haben wollte, wer kann das schon noch von seinem Beruf behaupten? Ich fühle mich wirklich privilegiert. Die Hälfte meiner Zeit kann ich ganz nach meinen eigenen Vorstellungen verplanen und Dingen nachgehen, die mich interessieren.
Aufgrund des Wandels, den die Branche im Moment durchläuft (Instagram und generelle Verfügbarkeit von Bildern) stelle ich mir natürlich auch die Frage ob mein Geschäftsmodell in einigen Jahren noch tragfähig sein wird. Wie sehr wird sich die Auftragsfotografie verändern? Gleichzeitig denke ich, solche Überlegungen sind ganz normal. Es ist nötig am Ball zu bleiben, etwas neues auszuprobieren und sich auch einmal ein Stück weit zu verändern.
Deswegen war der Schritt, parallel zu meinen Online-Aktivitäten mit einer klassische Repräsentanz zu arbeiten der richtige. Ich gehe auch mal persönlich in eine Agentur und stelle mich vor. Ich erweitere mein Netzwerk so, wie es mir zuvor noch nicht möglich war.
Wenn jetzt mit der Gesundheit noch alles gut bleibt, dann auf die nächsten 4 Jahre!
Nick Frank